Johann Josef Mittelberger 7. Nov. 1879  - 10. April 1963

Das Vorhaben, vom eigenen Großvater ein Bild zu zeichnen, das weder verklärt, noch verdammt, das weder verbirgt, noch behauptet wahr zu sein, scheint mir von vornherein zum Scheitern verurteilt. Vielleicht mache ich deshalb unter dem Vorwand, Quellenstudium zu betreiben, schon jahrelang einen Bogen um den in vieler Hinsicht widersprüchlichen Großvater.

Für meinen Großvater mußten immer wieder Tiere als Metapher herhalten. Die Schüler nannten ihn "Professor Katzenkopf", politische Weggefährten verglichen ihn mit einem Marienkäfer - rot mit schwarzen Tupfen, andere hielten ihn für einen Wolf im Schafspelz.

Er selbst wollte jedenfalls kein Schaf im Wolfspelz sein.

Mir kommt er hier wie ein alter Igel vor. In zahlreichen Ehrungen, Kritiken und Nachrufen wurde der wehrhafte Stachelrücken gelobt, gefeiert, gefürchtet und gelegentlich auch verspottet (Karl Kraus)

Ich werde mich also hüten so gut es geht, den alten Igel zu umarmen. Wenn es mir gelingt, ihn auf den Rücken zu drehen und die Bauchseite zu beschreiben, werde ich zufrieden sein.

Das ist er, unser Großvater Johann Josef Mittelberger. Ein wohlbehütetes Einzelkind vom Götznerberg. 

Es ist der unbekannte Fotograf (entweder Gerster oder Straub), der unabsichtlich wesentliche Entwicklungen im späteren Leben des Buben andeutet.

Der Fotograf platziert ihn auf einem zu hohen Sessel und er läßt ihm viel Raum nach oben.

Schaut man auf sein Leben, dann haben ihn hohe Sessel zwar gereizt, hatte er aber einen erreicht, dann hat er ihm nicht behagt.

 

Vielsagend ist die leicht geneigte Kopfhaltung. Kein Schiefhals, keine Müdigkeit, sondern eine Mischung aus Neugier und Angriffslust.

Später wird er über sich selbst schreiben, dass ihm für Raufereien die körperlichen Voraussetzungen fehlten. Er hat das Manko mit seinem Intellekt ausgeglichen. Neben der schnellen Auffassungsgabe war er für seine, manchmal bissige, Satire bekannt.

Es waren die Nazis, die ihn später wie folgt beschrieben: "echt jesuitisches Gebaren" und "gefährlich durch seine Hochgeistigkeit".

 

Besser geht's nicht.

 

 

Lebenslauf

Entscheidend für J. Josefs Lebensweg war wohl die frühe Erkenntnis seiner Eltern, daß J. Josef von seiner körperlichen Ausstattung her gesehen, nie das Zeug zu einem gestandenen Bauern haben werde. In einer Geschichte über die Kindheit erinnert er sich, daß die Bergler von den Dörflern im Tal in einer Mischung aus Spott und Respekt "Bergerstier" betitelt wurden. Vielleicht hat sich dieser Übername deshalb in seiner Erinnerung erhalten, weil er für ihn nur ein Wunschbild sein konnte.