Zerline Feigenbaum

 

Rosa Feigenbaums einzige überlebende Tochter Zerline Feigenbaum wurde am 10. November 1871 geboren. Im Namen Zerline verbinden sich möglicherweise die unterschiedlichen Welten der Mutter Rosa. Zerline ist ein Vorname im Ostjudentum, außerdem taucht er 1851 in der Oper "Zerline, ou La corbeille d'oranges" des französischen Komponisten Daniel Auber auf. Zerlines Mutter Rosa hatte eine nahe Beziehung zu Frankreich. 

 

In einem Bericht über eine musikalische Veranstaltung erwähnt ihre Mutter Rosa neben den anderen an dem Abend auftretenden Künstlern und Musikern ihre klavierspielende Tochter Zerline nur am Rande.

 

Aus dem Online-Archiv der Klassik Stiftung Weimar / Goethe- und Schiller-Archiv geht hervor, dass Zerline Feigenbaum am 9.11.1896 25-jährig einen Brief an Friedrich Nietzsche adressierte. Dieser war zu diesem Zeitpunkt 52 Jahre alt und sollte nur mehr wenige Jahre leben. 

(9.11.1896 2 Bl; Incipit: Der consensus gentium sei Narrheit ... ; Standort: GSA 71/BW 47 Bl 1-2; Druckort: KGB 3.6, - Nr. 684+). 

 

Aus der Berichterstattung verschiedener Länder der Nr. 26 der Zeitschrift „Die Welt“ lautet die einzige Österreich betreffende Meldung neben Berichten aus Deutschland, Russland, Rumänien, Griechenland, England und Amerika:

 

Wien. Der Vorstand des „Zionistischen Frauenverein Wien“ für das mit dem 31. Mai 1901 endende Vereinsjahr besteht aus den Damen Frau Dr. Sidonie Kahn, Präsidentin, Oberst Marie Edle v. Eiss, Leonore Smolenski, Vicepräsidentinnen, Frl. Zerline Feigenbaum, Clara Kinzbrunner, Schriftführerinnen resp. Schriftf.-Stellvertreterinnen, Frau Bertha Rappaport, Adele Adler, Cassiererinnen, Dr. Ernestine Schnirer, Dr. Fanny Werner, Helene Gewitsch, Dr. Julie Herzl und Prof. Martha Kellner, Ausschussmitglieder.

 

Die Zeitschrift „Die Welt“ (1897 – 1914) fungierte als Zentralorgan der zionistischen Organisation. Berichtet wurde über das Judentum betreffende Ereignisse und den aufkommenden Antisemitismus, Übersetzungen jüdischer und hebräischer Literatur sollten ungelesene Texte bekannt machen. Auf derselben Seite wird auf den bald stattfindenden vierten Zionistenkongress im August 1900 in London hingewiesen. Ziel der Zionistenkongresse war „[...] die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina für diejenigen Juden, die sich nicht anderswo assimilieren können oder wollen.“ (aus dem Basler Programm des ersten Zionistenkongresses vom 29. Bis 31. August 1897 in Basel) Theodor Herzl war in Basel zum Präsidenten der Vereinigung gewählt worden. 

 

Aus der Todfallaufnahme und Verlassenschaftsabhandlung sowie dem Testament ihrer Tante Hermine Fabri geht hervor, dass Zerline Feigenbaum 1922 mehrere Kisten Umzugsgut von Paris nach Wien schickt. Dabei handelt es sich womöglich um Besitztümer ihrer Mutter Rosa Feigenbaum, die obwohl bereits 1912 in Paris verstorben, 1922 nach Wien überführt wird.

 

Zwar hinterließ Hermine Fabri das Geschäft ihrem Sohn und den Schmuck ihrer Tochter, ihre gesamte Wohnungseinrichtung jedoch ihrer Nichte: 

 

"Meiner Nichte Zerline Fabri, derzeit Beamtin in Madrid, Montalban 17, vermache ich meine gesamte Wohnungseinrichtung, also insbesondere Schlafzimmer, Speisezimmer, Salon und weitere bei meinem Ablemben in meiner Wohnung befindlichen Holz- und Tapeziermöbel, sämtliche Vorhänge, Bilder, Spiegel, Luster, Lampen, den großen (Avgaman) Speisezimmerteppich, den roten Linoleumteppich, Lambrequins, den Teetisch mit der ganzen Garnitur für 12 Personen, sowie die ganze Einrichtung des Toilettetisches, Spiegel, Dosen, etc., die Bronzegarnitur Uhr und Leuchter auf dem Speisezimmertroumeau, ein Grammophon samt Platten, ferner sämtliche Möbel in Holz, sowie die gesamte Wirtschaftseinrichtung in der Küche, Vorzimmer, Dienerzimmer, Glasgang und Badezimmer (mit Ausschluss der Badewanne samt Ofen, beide zum Haus gehörend).

Hiezu bemerke ich noch, dass meine genannte Nichte mir im Jänner 1922 aus Paris in zwölf Kisten die ihr eigentümlichen Fahrnisse zur Aufbewahrung und zur eventuellen Benützung übersendet hat und befinden sich diese Fahrnisse, über die ich ihr auch eine spezifisierte Bestätigung eingehändigt habe seit Ankauf in Wien in meiner Wohnung."

 

Für das Jahr 1929 sind zwei spanische Adressen bekannt. Im März wohnt Zerline Fabri in Madrid, Montalban 17, im April jedoch bereits im Hotel Viktoria in Barcelona (Quelle: Todfallaufnahme Hermine Fabri). Welcher Arbeit Zerline Fabri noch als 57-jährige Frau in Spanien nachging, darüber lässt sich nur spekulieren. Eventuell war sie Beamtin in einem Konsulat oder für eine zionistische Organisation tätig. Von Mai 1929 bis Jänner 1930 fand in Barcelona darüber hinaus die Weltausstellung statt. 

 

1937 ist Zerline Fabri wiederum in Wien III, Landstraßer Hauptstraße 31 gemeldet.

 

Nicht nur das Testament Hermine Fabris weist darauf hin, dass sich Tante und Nichte gut verstanden haben mussten. Da Zerline Feigenbaum in späterer Zeit als Zerline Fabri geführt wird, liegt die Vermutung nahe, dass sie nach dem Tod ihrer Mutter Rosa 1912 den Nachnamen der Tante annahm.

 

 

Flucht in die USA 

 

Ihr Name findet sich des weiteren auf der Passagierliste einer Schiffspassage in die USA 1938/39. Am 1.9.1941 wird ihr die deutsche (österreichische) Staatsbürgerschaft aberkannt.

 

Zerline Feigenbaum/Fabri findet sich auf den Listen der Publikation "Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933-45 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten Listen" (Michael Hepp (Hg.), München: Saur Verlag, 1985). Demzufolge wurde sie auf der Liste Nr. 252 (8) geführt.

1940 taucht ihr Name bei der amerikanischen Volkszählung auf. Zu diesem Zeitpunkt wird ihr Wohnort mit 14 Hotel Prince George East 28 Street, New York, New York, New York, USA angegeben.

Ebenfalls findet sich ihr Name im NY Southern District Naturalization Index 1917-1950.  

 

 

 

 

Auf Druck des Jüdischen Weltkongresses und der amerikanischen Gerichte veröffentlichten 1998 die Schweizer Banken UBS und Credit Suisse Listen mit sogenannten nachrichtenlosen Konten, also Guthaben deren Inhaber von den Nazis ermordet worden waren, oder die kriegsbedingt nicht mehr an ihr Vermögen gelangen konnten. Über 50 Jahre verfügten die Schweizer Banken über sicheres Kapital in Milliardenhöhe. Bis 2005 wurden von 32000 Opfern oder von deren Erben Ansprüche angemeldet und 338 Mill. Dollar Ansprüche zuerkannt.

Der Umstand, daß Zerline Fabri 2005 auf der Liste aufscheint, ist ein Indiz, daß sie nach dem Krieg nicht mehr lange genug  gelebt hat, um ihr Guthaben in der Schweiz zu beanspruchen.