Die Miller - Linie

Es war nur als Seniorenausflug gedacht, als ich am 28. Juli 2000 meine Mutter Leni, Onkel Adolf Dünser und Tante Angelika Waibel geb. Dünser zu einer Fahrt nach Mals in Südtirol einlud. Angelika und Adolf hatten gelegentlich von der Flucht ihrer Mutter von Mals nach Ried erzählt. Ich hoffte, den Namen Miller auf einem Grab zu finden. Es sollte eine unerwartet ergiebige Recherche werden.

 

Die erste Entdeckung war ein Grab mit den Namen Maria Miller und Kreszentia Riedl geb. Miller. Eine ältere Frau, die gerade ihr Grab pflegte, bestätigte, daß es zwei Töchter des Waldaufsehers Mathias Miller seien. Durch die Angaben des Grabschilds erfuhr ich auf dem Gemeindeamt die frühere Adresse. Ich bekam noch den Tip, mich mit dem Heimatforscher Fritz Blaas (Kaufhaus Blaas) in Verbindung zu setzen. Er konnte uns sagen, daß eine Frau Paula Winkler das Millerhaus geerbt hatte. Sie hatte die kinderlosen Frauen bis zu ihrem Tod betreut und dann nicht nur das Haus, sondern auch das Wandgrab in der Südwestecke des Malser Friedhofs übernommen.

Paula Winkler wirkte etwas irritiert, als wir uns als Nachkommen des Mathias Miller vorstellten. Sie bat uns, am Nachmittag wiederzukommen, es gebe noch ein paar  Relikte auf dem Dachboden, die wir haben könnten.

Beim Mittagesen kommentierte Angelka Waibel die Begegnung: "Die hat wohl Angst, wir wollen noch erben, aber wir haben selber genug."

 

Aus dem zweiten Treffen wurde eine gemütliche Kaffeerunde, bei der uns Frau Winkler viele Neuigkeiten erzählte und sie hatte zwei Taschen mit alten Bildern vorbereitet.

Sie selbst hatte nur die beiden Töchter Maria und Kreszentia aus der zweiten Ehe des Mathias Miller gekannt. Von Mathias wußte sie nur Hörensagen, aber es scheint, er war ein ziemlicher Querkopf, der sich häufig mit Behörden stritt.

Daß es da noch die älteste Schwester Karolina gegeben hatte, davon hatten offenbar auch Maria und Kreszentia keine Ahnung.

 

_________________________________________________________________

Die Miller im oberen Vinschgau

 

Die ursprünliche Vermutung, Mathias Miller habe bei seiner Auswanderung den Namen Müller zu Miller amerikanisiert, hat sich als Irrtum herausgestellt. Die Bedeutung Müller ist unzweifelhaft, die dialektgefärbte Schreibweise Miller war schon früher üblich.

Allerdings konnten in den Matriken nur wenige Einträge dieses Namens aufgefunden werden.

 

Am 4. September 1799 wurde eine Rosa Miller geboren, ihr Vater war Thomas Miller "von Wien hereingewandert", die Mutter hieß Theresa Herterin "aus dem Schwabenland"

Am 4. Juni 1805 haben in Mals Jakob Platzer und Maria Anna Millerin, "Tochter des Lorenz Miller und der Agnes Sprengerin von Taufers" geheiratet.

Ein verwandtschaftlicher Bezug zu diesen Personen ist aufgrund der Seltenheit des Namens wahrscheinlich aber nicht nachweisbar.

 

Die wichtigsten Quellen zur Erforschung der Südtiroler Linie waren Ariernachweise und das Protokoll der Verlassenschaftsabhandlung nach dem Tod von Mathias Miller.

 

_________________________________________________________________

 

 

 

Dieses Foto hat Mathias Miller aus Cleveland, Ohio geschickt. Der USA-Aufenthalt läßt sich anhand der Geburtsdaten der Kinder auf die Jahre 1875 bis 1878 eingrenzen. Obwohl er in der Familie seiner Tochter Karoline praktisch totgeschwiegen wurde, blieb dieses Foto erhalten.

 

Mathias Miller wurde am 26. Juni 1852 in Tartsch, welches zu Mals eingepfarrt war, geboren. Seine Eltern waren der Wegmacher Georg Miller und Notburga geb. Gabl.

Mathias erlernte das Bäckerhandwerk.

 

Gerade 23 Jahre alt, schwängerte er die um ein Jahr jüngere Elisabeth Enegrieser aus Ried im Oberinntal. Die folgende Auswanderung in die USA mag der Versuch gewesen sein, in Amerika eine Lebensgrundlage aufzubauen und Elisabeth Engerieser mit dem Kind nachkommen zu lassen.

 

 

Aus welchen Gründen Mathias Miller schließlich wieder heimgekommen ist, wissen wir nicht. Am 28. 2. 1881 haben Mathias und Elisabeth geheiratet. Sie hat zu dieser Zeit in Bregenz als Dienstmagd gearbeitet. Die fünfjährige Tochter Karoline lebte bei der Großmutter in Ried.

____________________________________________________________

 

Die Nachkommen von Mathias und Elisabeth geb. Engerieser

 

Karolina

 

geb. am 16. Jänner 1876 in Ried im Oberinntal. Sie wuchs in Ried auf, nachdem sie ihren Eltern davon gelaufen war. Sie arbeitete zuerst als Verkäuferin in der Gemischtwarenhandlung Greif in Ried, dann als Dienstmagd in Dornbirn und Götzis.  Am 20. Mai 1901 Heirat mit dem Bäckermeister Michael Dünser in Götzis. Gestorben ist sie 1965.

 

Maria Josefa 

 

soll 1879 geboren worden sein. Demnach wäre auch sie noch unehelich, denn nach den Unterlagen haben Mathias und Elisabeth erst 1881 geheiratet. Da bleiben Fragen offen.

 

Aurelia

 

wurde 1882 geboren. Sie heiratete in die sehr bekannte Familie Verdroß. Zwei Nachkommen, Robert und Maria (Mitzi) sind bekannt. Aurelia ist vor dem Tod ihres Vaters verstorben. Zu Mitzi Verdross weiterlesen>>

 

Heinrich

 

geb. 1883, als Kleinkind gestorben.

 

Heinrich

 

geb. 1884, über ihn ist nichts bekannt.

 

Anna Aloisia

 

geb. 1885, von ihr gibt es eine Verzichtserklärung mit Datum 16. Dezember 1935, ausgestellt in Bozen und unterschrieben mit Anna Oberhollenzer. Da gibt es Ungereimtheiten, weil es auch eine Todesanzeige für Emma Oberhollenzer gibt. Vielleicht haben zwei Schwestern Brüder geheiratet.

 

Emma

 

geb. 1887, hat nach Innsbruck geheiratet. Ihr Mann hieß Oberhollenzer. Sie ist am 4. Jänner 1971 gerstorben. Die Ehe war vermutlich kinderlos, denn auf der Todesanzeige sind keine Nachkommen angeführt.

 

Rosa

 

geb. 1887, hat in die Schweiz geheiratet und hieß Porchert. Ihre letzte Spur ist eine Verzichtserklärung datiert mit 10. Jänner 1936, ausgestellt in Chamblon / Yverdon.

 

Otto

 

geb. 1888, gest. 1889

 

August Georg

 

geb. 1889, gest. 1889

 

 

_________________________________________________________________

 

 

Die Nachkommen aus der Ehe mit Filomena Gabl

 

Nach dem Tod von Elisabeth geb. Engerieser, heiratete Mathias am 24. April 1900 Filomena Gabl aus Latsch. Aus dieser Ehe stammen die Töchter

 

Kreszenzia

 

geb. am 19. November 1900, gest. 3. Mai 1972. Aus einer Liebschaft mit einem italienischen Soldaten brachte sie 1919 ihren Sohn Luigi zur Welt. Später heiratete sie den Bäcker Josef Riedl aus Mals. Die Ehe blieb kinderlos. Luigi kam 1942 als Matrose der italienischen Marine ums Leben.

 

Maria (Mitzi)

 

geb. 26. Jänner 1902, gest. 12. Mai 1968. Mitzi blieb im Elterhaus, starb ohne Nachkommen.

 

 

Luigi Miller alias Alois Müller – eine Fraternisierung

 

Man mag sich das Entsetzen in der Familie und den Skandal im Dorf gar nicht vorstellen, als Kreszentia Miller unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg einen Sohn zur Welt brachte, dessen Vater ein Soldat der italienischen Besatzung war.

 

Die Konstellation im Bild mit dem Opa Mathias läßt erahnen, daß sich die Freude über den Enkel, auch ein Jahr später, in Grenzen gehalten hat. Jedenfalls war der Hund dem Herzen näher.

 

Luigi diente in der italienischen Marine und starb am 4. Dezember 1942 als sein Schiff vor Neapel versenkt wurde.

Auf dem Kriegerdenkmal in Mals wird Luigi als Alois Müller aufgelistet. Als Lebender war er wahrscheinlich Italiener, als Toter ein Südtiroler Held.