Auf den Wiesen

Wir glauben, in unserer Familie immer wieder eine gewisse von der Norm abweichende Bauwut feststellen zu müssen. Bekanntlich "irbt ma nit bloß Böda", deshalb soll mit der folgenden Häusersammlung unserer ruralen Altvorderen den Ursprüngen dieser Eigenart nachgespürt werden.

Unsere urbanisierten Vorfahren wohnten überwiegend in Mietobjekten, manche waren bemüht, durch entsprechende Quartierwahl den sozialen Status zu dokumentieren.

 

In diesem Haus am oberen Götznerberg (laut Taufbuch die Nummer 389) wurde am 7. Nov. 1879 Johann Josef Mittelberger geboren. Hier dürfte eine Hebamme gewohnt haben, denn das eigentliche Mittelbergerhaus steht am Loacker.


Dieses Gemäuer war einmal die Papiermühle des Michael Traurig auf dem Helmhof bei Rittsteig, unmittelbar an der Angel gelegen, dem Grenzbach zu Tschechien. Von hier stammte Barbara Traurig, eine der zwei Gattinnen des Kaspar Eggerth. >>weiterlesen


In der Schloßmühle zu Tachau in Böhmen (auch Hussmann´sche Mühle genannt) wurde 1776 unser Vorfahr Kaspar Eggerth geboren. Mühlrad und Kanal sind noch erhalten, das Rad dreht sich allerdings nur noch symbolisch. Das geschichtsträchtige Haus selbst wird von der Stadt Tachau als Musikschule genützt.


Die Haranter Mühle auf dem Gut Klenau bei Janovice in Böhmen. Nachdem Kaspar Eggerth die elterliche Mühle in Tachau verlassen hatte, konnte er diese Mühle kaufen oder pachten. Zuerst betrieb er eine Spiegelschleiferei. Nach dem Niedergang der Glasindustrie wechselte er zur Papierproduktion. In diesem Haus wurde unsere Vorfahrin Franziska Eggerth geboren. Nach Kaspars Tod wurde die Mühle von seinem Sohn Augustin übernommen. Heute ist die Mühle das Wochenenddomizil des Literaturprofessors Jan Wiendl. Der Mühlenkanal ist noch erhalten. >> weiterlesen


1818 erwarb Kaspar Eggerth diese Spiegelschleiferei in Prasily (Stubenbach) im Böhmerwald und baute sie zu einer Papiermühle um. Es war sein zweites Projekt nach der Haranter Mühle. Die Papiermühle produzierte bis 1933 feinstes Büttenpapier unter anderem auch das Kanzleipapier für den tschechischen Präsidenten Masaryk. Die letzte Besitzerin Marie Böhmova wurde 1945 vertrieben. >>weiterlesen


Kaspar Eggerth hat 1818 in Prasiliy (Stubenbach) zwei aufgelassene gekauft Spiegelschleifereien gekauft. Das Bild zeigt die sogenannte Hintere Mühle, die von seinem Schwiegersohn Laurenz Zelzer geführt wurde. Diese Mühle wurde später aufgelassen und die Produktion in der großen Mühle im Dorf konzentriert.

In diesem Haus dürfte unsere Ur-urgroßmutter Franziska zelzer ihre Kindheit verbracht haben.

Das Foto stammt vom bekannten tschechischen Fotografen Vilem Heckel

In Jistec (Gistetz) an der Wottava baute Kaspar Eggerth seine vierte Papiermühle und übergab sie seinem Sohn Konrad. Konrad dürfte mehr ein Schöngeist als ein erfolgreicher Geschäftsmann gewesen sein. Seine Nachkommen leben in Prag.


Der Zelzerhof in Hojsova Straz (Eisenstraß) wie er 1850 neu gebaut wurde. Er war 400 Jahre im Bezitz von Zelzerfamilien. Von hier stammt unser Vorfahre Laurenz Zelzer. Zelzerhof, Zelzertal sind in Eisenstraß noch als Flurnamen bekannt, das Haus selbst steht nicht mehr. >> weiterlesen


Der Posthof in Hojsova Straz (Eisenstraß) kam im Zuge von Erbteilungen in den Besitz unseres Vorfahrs Laurenz Zelzer. Lange dürfte er ihn nicht bewirtschaftet haben, denn Laurenz lernte in der Prälatur Krummau das Papiermacherhandwerk und lebte dann in Prasily.


Der Innenhof der Prälatur Krumau, Tschechien. Als unser Vorfahr Laurenz Zelzer Franziska Eggerth in Janovice nad Úlavou heiratete, gab er die Prälatur Krumau als Herkunftsadresse an. Sehr wahrscheinlich ist, daß er in der zur Prälatur gehörenden Papiermühle arbeitete und deshalb in der Prälatur wohnen konnte.

Nur noch der Name "Manschettenknopf"erinnert an das Uniformgeschäft "Zum Generalshut" des Jakob Zelzer in der Bräunergasse 2/Ecke Graben. Ein paar Häuser weiter, am Kohlmarkt 10, betrieb Jakobs Bruder Franz sein Geschäft "Zur Goldenen Treßborte". Das waren die Stadtgeschäfte, um in den erlauchten Kreis der Hoflieferanten zu kommen. Produziert wurde unter anderem in der Lange Gasse 51. Das Haus hieß ebenfalls "Zur goldenen Treßborte". Franz und Jakob waren Brüder unseres Vorfahren Laurenz Zelzer. Dessen Tochter Franziska arbeitete hier als Posamentiererin, bevor sie Anton Weiß sen. heiratete


Der Pflanznerhof in Hojsova Straz (Eisenstraß). Von hier stammte Laurenz Zelzers Mutter Margarita Pflanzner. Während die meisten Eisenstraßer Hofbesitzer aus dem Bayrischen kamen, sollen die Pflanzners im 13. Jhdt aus Tirol zugewandert sein.


Dieses war der zweite Streich. Nachdem unsere Mutter Leni Dünser (née Mittelberger) ihr Erbe in Götzis angetreten hatte, wurde 1964 das erste Grundstück auf den Herrschaftswiesen in Koblach verkauft und das Haus in der Brunnengasse umgebaut und saniert. Wir Kinder waren teilweise motiviert, die anderen wurden zwangsverpflichtet. Das Ergebnis machte alle stolz. Wir ahnten nicht, das dieser Umbau nur eine Generalprobe für ein größeres Projekt sein sollte. 1966 erbte auch Emil Dünser ein gut gelegenes Grundstück. Er hatte keine Chance, sich lange daran zu erfreuen. Mit der Bemerkung "Das ist der letzte Boden, den du mir verkaufst" stimmte er resigniert dem Verkauf an die Tischlerei Schwab zu. Leni hatte in der Zwischenzeit einen dringenden Wohnbedarf für ihren Sohn Martin und für die Tochter Lina definiert. Unter diesem Vorwand wurde im März 1967 mit einem Neubau begonnen, damit Lina und Martin im alten Haus Platz finden würden. >> weiterlesen? Lieber nicht.


Traiskirchen, aus dem Haus links stammt unsere Vofahrin Magdalena Peitl. Sie heiratete in die Weißfamilie in Leobersdorf. Ihre Eltern Josef und Marianna Peitl dürften an diesem Bach eine Mühle betrieben haben. Die Häuser wurden für den Parkplatz eines Einkauszentrums abgebrochen. >> weiterlesen


Josef Eggerth war die Welt in Neulangegg bei Schrems zu eng geworden. Sicher hätte er als Müller sein Auskommen gehabt. Die sogenannte Gründerzeit zog auch ihn nach Wien. Als er das Karolinenbad in der Laimgrube Mariahilf baute, war er bereits als Erfinder und Seidenschnurfabrikant wohlhabend geworden.

Soweit hat es nur einer gebracht.  Nach dem Erfolg des Karolinenbades, errichtete Josef Eggerth an der Gumpendorferstraße in Mariahilf das pompöse Esterhazybad. Das Haus wurde in den 60iger Jahren abgebrochen. Geblieben sind die Straßennamen Eggerthgasse und Luftbadgasse. >> weiterlesen



Das ehemalige "Vesterhus" am oberen Berg Nr. 39 war ab 1778 im Besitz von Josef Dünser (1747-1821). 1829 wurde es von Thomas Mittelberger (1803-1858) erworben. Als 1857 der erste Kataster (Urmappe) erstellt wurde, war es im Besitz von Josef Anton Marte. Von einem weiteren Besitzer, Silvester Waibel, bekam es seinen Namen.

Um 1970 wurde es von der Familie Loacker (Mareliesers) erworben und abgebrochen.








C+M+B 1988 haben die letzten Sternsinger auf der Haustüre hinterlassen. Seither dürfte das Haus Nr. 51 am Götznerberg leerstehen. Es gibt überzeugende Hinweise, daß in diesem Haus (Schwende 4)  bzw. in früheren Bauversionen die Dünser nach ihrer Zuwanderung aus dem Laterns gehaust haben.

Dieses Haus war die erste Bleibe der Dünser als sie vom Götznerberg ins Götzner Unterdorf siedelten. Es war damals eines der letzten Häuser an der Landstraße Richtung Feldkirch. Vor dem Haus, neben dem Bildstock, gab es einen Schöpfbrunnen. Letzte Besitzerin war Barbara Dünser. Nach dem Verkauf in den 50iger Jahren wurde im Stallteil von Opel Gerster eine Autowerkstätte eingerichtet. Heute befindet sich an diesem Platz das Autohaus Beck.

Daten aus der Urmappe 1857: Besitzer Fußenegger Michael, Bauparzelle 326, Hausnummer 66

 





























Das Agtahus in Götzis. Unser Vorfahre, der Bäcker Ulrich Dünser hat 1853 das Haus über Umwege aus der Konkursmasse der Färberei Josef Dünser (nicht verwandt) erworben. Deutlich zu sehen ist sein Bestreben, den Status zu präsentieren. Das Haus wurde aufgestockt und mit einem städtischen Scheingiebel versehen. Den gab es sonst nur noch bei der Textilfirma Heinzle (später Huber Trikot). Es soll auch das zweite Haus in Götzis gewesen sein, bei dem elektrisches Licht installiert wurde.

Im Zuge des Bundesstraßenausbaus wurde 1959 unter Androhung der Enteignung ein Verkauf an den Bund erzwungen. 1960 wurde es abgebrochen um für eine Straßenbegradigung Platz zu schaffen.

An dem Haus hängen so viele Erinnerungen und Geschichten, daß es ein eigenes Kapitel wert ist.


Links im Bild der Neubau der Geschwister Dünser an der Dr. Alfons-Heinzlestraße in Götzis. Die Ablöse für das alte Haus (rechts) war offenbar so schlecht, daß nur dieser einfallslose Klotz gebaut werden konnte und noch nach 20 Jahren litten die Tanten angeblich unter drückenden Schulden. Sie ließen sich verleiten, bis an die eigene Hauswand Grund an die Raiffeisenbank zu verkaufen. 

Nach dem Tod von Eugenia Dünser ging das Haus an Michael Dünser. 2013 wurden Teile davon verkauft.


In Mals im oberen Vinschgau, eingeklemmt zwischen der Via Dr. Heinrich Flora und dem Berghang steht das Haus des Mathias Miller. Auf dem Bild präsentiert er sich mit seiner mit vier Töchtern aus zwei Ehen. Aus diesem Haus ist unsere Großmutter Karolina Engerieser als Achtjährige geflüchtet und zur Großmutter nach Ried im Oberinntal gelaufen. Das Haus kam in Besitz der beiden kleineren Mädchen. Nach deren Tod wurde es von der betreuenden Nachbarin Paula Winkler übernommen.


Das Mittelbergerhaus in Bregenz Wildeggstraße 3 wurde am 1. März 1914 vom Religionsprofessor Peter Steurer eingeweiht. Johann Josef Mittelberger hatte es nach seiner Fixanstellung in Bregenz mit seiner ersten Frau Maria (geb. Öhry) gebaut. Gerüchteweise soll das meiste Geld aus der Mitgift von Marie Öhry gestammt haben. Das Haus war viele Jahrzehnte der geographische Mittelpunkt unserer Verwandtschaft.


Ein Mittelbergerhaus am Götznerberg, allerdings ist die Verwandschaftskonstellation nicht geklärt.


Der Hauskauf in der Brunnengasse 1889. Lassen wir den damals zehnjärigen JJ Mittelberger erzählen:

"Auch diese selige Bergerzeit nahm ein Ende und es kam so. Mein Vater war Sticker und Bauer, Bauer wohl aus Gewohnheit und Neigung, Sticker aus der Erkenntnis, daß damit eine Familie am besten zu erhalten sei. So kam es, daß er das Haus am Berg verkaufte und sich im Unterdorf in der Nähe der alten Kirche ankaufte. Ich erinnere mich, daß mir die Mutter das neue Haus zuerst zeigte, das Haus war größer und die Bündt mit dem Obstwachs schien mir etwas wunderbares zu sein, und ich bekam damals die ersten ´Einbildungen`. 

Beim Verkauf des alten Hauses war ich dabei. Still saß ich beim Ofen, neugierig, wie das nun gehe. Der Käufer war der oberste Bauer am Götznerberg, von dem der Vater wohl annahm, daß er die bequemere Lage im unteren Berg seiner schönen Aussicht, aber mühsameren Lage vorziehe. Der Käufer wollte natürlich nicht nur das Haus, bei dem nur ein kleiner Garten war, sondern auch Wiesen. Wie nun da um jedes Stück gehandelt wurde, wurde mir jedes Stück lieb und teuer. Da war ein Baum, dessen Birnen mir besonders lieb waren, dort ein Stück Wiese, in dessen Nachbarschaft ein Wald mit wundersamen Verstecken, – das sollte ich verlieren. Die Vorhänge in der Stube, auf die Mutter so stolz war, verlangte der Käufer als Dreingabe  und er erhielt sie."


Dieses Haus in Weiler, Am Bruch, dürfte eines der ältesten Häuser sein die von unseren Vorfahren noch erhalten sind. Es war lange die Heimat der Familie Walser in Weiler.


Bevor dieses Haus in Weiler von Leo Ritter übernommen wurde, war es im Besitz der Familie Walser, die darin neben einem Wirtshaus auch eine Brauerei betrieben.

Ein Nachkomme der Familie Ritter hat in den letzten Jahren das stattliche Haus sehr aufwendig und sorgfältig renoviert, um den ursprünglichen Charakter zu erhalten.


Wie ein Wahrzeichen von Götzis wird auf alten Ansichtskarten das ehemalige Erholungsheim Rütte präsentiert. Erbaut wurde es vor dem Ersten Weltkrieg von Johann Ulrich Mittelberger, einem Cousin unseres Großvaters Johann Josef M. Der Erste Weltkrieg ließ die Hoffnung auf gute Geschäfte mit dem aufkommenden Erholungstourismus sterben. Das Haus wurde zum Lazarett und nach dem Krieg fehlte die Kundschaft. Um 1926 verkaufte Johann Ulrich das Haus an die Vorarlberger Gebietskrankenkasse und baute daneben (rechts m Bild) ein kleineres Gasthaus. Heute steht auf dem Areal eine Wohnanlage.

 

Während andere Bauernhäuser oder Wirtshäuser bauten, verfiel Magdalena Marte geb. Mittelberger (die Lieblingstante unseres Großvaters JJ) auf die Idee, es mit dem Bau eines Gotteshauses zu versuchen. Dafür stellte sie am 10. März 1880 ein entsprechendes Ansuchen an die Gemeinde. Die Idee zum Bau schob sie ihrem verstorbenen Ehemann in die Schuhe. Die Kapelle am unteren Götznerberg wurde 1958 abgebrochen und durch einen größeren Neubau ersetzt.

Löbliche Gemeindevorstehung zu Götzis

Ich, unterzeichnete Johann Ulrich Marte Witwe vom Götznerberg (Magdalena geborene Mittelberger) bringe gehorsamst an:

Mein seliger Mann hat vor seinem Hinscheiden (am 20. 2. 1880) den Wunsch geäußert, daß ich die ehemals bestandene Kapelle wieder neu aufbauen möchte. Um nun diesem Wunsch zu entsprechen, bin ich nun Willens, eine Kapelle in mein Gut zu erstellen, und zwar wie angefalteter Bauplan zeigt.

Zur Herstellung dieser Kapelle habe ich hinlängliches Vermögen und werde den Bau genau nach dem Bauplan ausführen.

Ich bitte daher die löbliche Gemeindevorstehung unterthänigst, dieselbe wolle mir zur Ausführung dieses Baus die gnädigste Bewilligung ertheilen.

 

Götznerberg, am 10. März 1880


In der Trauungsurkunde von JJ Mittelberger und Josefine Weiß sind die Adressen des Pfarrhofs und die Adressen der Brauteltern identisch. Anton Weiß und Jenny geb. Rubin haben in dem als Pfarrhof genutzten ehemaligen Kloster von Traunkirchen gewohnt. Über die Motive dieser Wohnungswahl kann nur spekuliert werden, denn Anton Weiß galt nicht als fromm, als Schulinspektor könnte er den Pfarrer als ebenbürtig gebildet angesehen haben, vielleicht kamen die Lebensbedingungen im Pfarrhof seiner Bequemlichkeit entgegen.


Nach dem Tod seiner Frau Jenny lebte Anton Weiß einige Jahre bei seiner Tochter Josefine Mittelberger in Bregenz. Es soll hinsichtlich der christlichen Lebensführung erhebliche Differenzen zwischen Vater und Tochter gegeben haben. Wohl deshalb suchte sich Anton wieder eine standesgemäße Wohngelegenheit und einigte sich mit Pfarrer Aigner von Orth, ihm eine Wohnung im Pfarrhaus Orth zu vermieten. Klingt anspruchslos und fromm – nur die Wohnung befand sich im Schloß Orth. Anton muß die Probleme geahnt haben, denn er veranlaßte seinen Freund Dr. Franz Branky mit dem Pfarrer eine Variante zu finden, die das Bischöfliche Ordinariat nicht mißtrauisch machen könnte. Anton sollte in den Sommermonaten ausziehen, um nicht den Eindruck einer ganzjährigen Miete zu wecken. Es nützte nichts.

 

Mit Schreiben vom 2. Oktober 1928 ließ der Linzer Bischof den "Hochwohlgeborenen Regierungsrat Anton Weiß" wissen, daß er eine solche Vermietung nicht erlauben kann.

Anton blieb nur die Niederlassung in der Gaswerkgasse in Salzburg >>Standesdünkel


Der Einzige der von Berufs wegen im Pfarrhof wohnen konnte oder mußte war mein Onkel Meinrad Maria Mittelberger. Er wird an anderer Stelle ausführlicher porträtiert werden. Sein Querulantentum war legendär. Irgendwie war er er in die Funktion des Diözesanarchivars geraten. Er nahm die Aufgabe in der Weise wahr, daß er sich von seinem Freund Dr. Kispert in dessen altem Rolls Royce von Pfarrhof zu Pfarrhof kutschieren ließ und dort alle Bücher mitnahm, deren er habhaft werden konnte. In seinem Pfarrhof (links im Bild) wurde die Beute im leerstehenden Klassenzimmer gestapelt - und vergessen. Sammeln konnte Meinrad besser als archivieren und ordnen. Als Kinder liebten wir es, einen Teil unserer Ferien im Pfarrhof zu verbringen. Ich war sicher nicht der einzige, der in diesem Pfarrhof die Welt der Bücher entdeckt hat. Der Geruch von alten Büchern gemischt mit dem Geruch des Hundes, der nebenan sein Lager hatte, hat sich in die tiefsten Erinnerungsschichten abgesenkt.


Die Floßgasse in der Leopoldstadt, noch bevor die Vorstadthäuser von den Gründerzeitbauten weggefressen wurden. Der Neubau im Hintergrund ist das Haus mit der Nummer 3, wo Rebekka und Naftali Rubin gewohnt haben.








Nur ein paar Gehminuten von der Floßgasse wohnten Naftalis und Rebekkas Töchter Rosa, die Emil Feigenbaum geheiratet hatte und Caroline, die mit Jakob Obst verheiratet war.

Feigenbaum und Obst, sozusagen der Verganerzweig der Familie. Jahrzehnte bevor hier eine Autolakiererei eingerichtet wurde, bestand hier die Destillerie der Familie Schwadron. Einer deren Nachkommen, Yoav Sharon in Israel, war mir bei vielen Recherchen eine große Hilfe.


Das Palais Todesco in der Wiener Kärntnerstraße. Rechts vom Tor ist auf der Markise der Name J. Feigelstock zu erkennen. Ignaz Feigelstock war der Ehemann von Hermine Rubin. Aus welchem Grund immer änderten sie ihren Namen auf den italienisch anmutenden Namen Fabri. Nach Ignaz´Tod 1919 führte Hermine das Geschäft bis zu ihrem Tod 1929, dann übernahm es ihr Sohn Paul, der aber auch bereits 1931 starb.


Es war fast eine familäre Ecke vis à vis der Oper, denn Leo und Antoinette Glaubauf (geb. Rubin) hatten sich im dem Tedesco benachbarten Hotel Bristol mit einer Parfümerie eingekauft. Die Bristol-Parfumerie wurde in den 30iger Jahren von Glaubaufs Enkelin Lilian Ulanowsky geführt. Der später weltberühmte Architekt Victor Gruen erzählt in seinen Memoiren, wie er über die Freundschaft mit der Familie Ulanowsky den Auftrag zur Neugestaltung der Parfumerie bekam. Es war einer seiner ersten Aufträge. Die Gestaltung erregte großes Aufsehen und wurde in Architekturzeitschriften kommentiert.

Die Parfümerie wurde 1941 "arisiert" und im Laufe des Krieges durch Bomben zerstört.


"Eine Wohnung für den Finanzminister" oder "Wie Vorarlberg das k&k Marineministerium eroberte" 


Mit dieser Polemik wetterte die linke Zeitung 'Der Abend' in der Ausgabe vom 15. Mai 1929 gegen die angeblichen Wohnungsansprüche des neuen Finanzministers Dr. Johann Josef Mittelberger für seine Gattin und acht Kinder. Es wird berichtet, die Ministerialräte wußten sich nur zu helfen, indem sie im obsolet gewordenen Marineministerium eine Zimmerflucht von den Akten räumten und zu einer Wohnung adaptierten. Wörtlich heißt es am Schluß des Artikels: 

"Aber in der Marxergasse begann ein emsiges Leben, ja, wenn ein Finanzminister einzieht! Arbeiter putzten, strichen, räumten, Tapezierer spannten Damast über die kahlen Wände, Möbelwagen spien Möbel aus dem ehemaligen kaiserlichen Mobiliendepot aus – und seit Samstag residiert Herr Dr. Mittelberger in seiner Neunzimmerwohnung in der Marxergasse.

Das ist die Geschichte von der Eroberung der Marine durch Vorarlberg."